Metanavigation:

Hier finden Sie den Zugang zur Notfallseite, Kontaktinformationen, Barrierefreiheits-Einstellungen, die Sprachwahl und die Suchfunktion.

Navigation öffnen
Die Gründungsurkunde der praktischen Unterrichtsanstalt für Staatsarzneikunde von 1833 wird dargestellt.

Geschichte des Instituts für Rechtsmedizin der Charité

Die Rechtsmedizin ist eine der ältesten medizinischen Fachdisziplinien mit langer Tradition an der Berliner Charité.

Der folgende Text gibt Ihnen einen Überblick über die historische Entwicklung der gesamten Berliner Rechtsmedizin seit dem 18. Jahrhundert unter besonderer Würdigung des universitären Teils.

Hinweise auf ausführliche Darstellungen finden Sie unter Literatur.

Sie befinden sich hier:

Historie

Bauzeichnung des Berliner Leichenschauhauses (1884)

Gerichtsärztliche Tätigkeit im 17. und 18. Jahrhundert

Die Tradition gerichtsärztlicher Tätigkeit in der brandenburgisch-preußischen Residenz Berlin reicht bis in das 17. Jahrhundert zurück. An der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert  war ein Stadtphysicat eingerichtet worden. Vorlesungen mit forensisch-medizinischem Inhalt wurden bereits seit 1724 an dem berühmten Collegium medico-chirurgicum gehalten.

Von Anfang an waren es räumliche Engpässe, die die Arbeit erschwerten. So fanden Leichenöffnungen und der Unterricht über viele Jahre in Räumen anderer Institutionen, wie der Pathologie und der Anatomie statt.

Einrichtung des Berliner Leichenschauhauses und Gründung der praktischen Unterrichtsanstalt für Staatsarzneikunde im 19. Jahrundert

Das erste Berliner Leichenschauhaus für die Stadtphysici, die Vorgänger der heutigen Rechtsmediziner, wurde 1811 errichtet. Wegen dort unzumutbarer Bedingungen wurden ab 1839 Räume des Leichen- und Sektionshauses der Charité für diesen Zweck genutzt.

Neben Wien entstand am 11. Februar 1833 mit der Gründung der "praktischen Unterrichtsanstalt für die Staatsarzneikunde" (Die Staatsarzneikunde bezeichnete den Zusammenschluss der Gerichtlichen Medizin und der Medizinalpolizei) an der 1810 gegründeten Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin ein weiteres Zentrum gerichtsmedizinischer Lehre und Forschung im deutschen Sprachraum – der Grundstein für die "Berliner Schule" des Faches wurde gelegt.

Die Einrichtung dieses Lehrstuhles geht auf den ersten Lehrstuhlinhaber, den gerichtlichen Stadtphysicus Wilhelm Wagner (1793–1846) zurück, der die Staatsarzneikunde auch als akademisches Fach etablierte.

Den Nachfolgern Wagners: Johann Ludwig Casper (1796–1864), Carl Liman (1818–1891) und Carl Skreczka (1833–1902) ist es zu verdanken, dass das Fach hohes Ansehen und eine zunehmende Bedeutung erlangte. Liman gelang es, die Errichtung eines Neubaus für die gerichtliche Medizin in Berlin durchzusetzen. Mit der Fertigstellung des zunächst zweistöckigen Gebäudes im Frühjahr 1886 auf dem heutigen Grundstück Hannoversche Straße 6 in Berlin-Mitte in unmittelbarer Nachbarschaft zum heutigen Dorotheenstädtischen Friedhof, wurde Berlin seiner stetig wachsenden Bevölkerung gerecht. Neben der Unterrichtsanstalt für Staatsarzneikunde beherbergte das Gebäude das Berliner polizeiliche Leichenschauhaus und das Leichenkommissariat.

Einrichtung des gerichtsärztlichen Bereitschaftsdienstes 1900 und Gründung des gerichtsärztlichen Instituts des Stadtgesundheitsamtes 1937

Besonders geprägt wurde das Fach durch den Nachfolger Limans: Fritz Strassmann (1858–1940), den ersten Präsidenten der deutschen Gesellschaft für gerichtliche Medizin. Das Haus in der Hannoverschen Straße trägt heute ihm zu Ehren seinen Namen. Unter der Leitung Strassmanns wurde im Jahre 1900 der noch bis heute in Berlin praktizierte gerichtsärztliche Bereitschaftsdienst eingerichtet.

Auf Strassmann folgte nach kommissarischer Leitung durch Paul Fraenckel (1874-1941) Victor Müller-Heß (1883-1960), der das Institut für gerichtliche Medizin – wie es fortan hieß – ab 1930 leitete.

1935 ging der gerichtsärztliche Dienst aus der Verantwortung des Polizeipräsidenten auf die Gesundheitsämter über. Mit der Gründung des "Gerichtsärztlichen Instituts des Stadtgesundheitsamtes" am 1. April 1937 auf dem Gelände des Robert-Koch-Krankenhauses Moabit in der Turmstraße erhielten die Gerichtsärzte in einer Baracke neue Diensträume. Sektionen wurden damals sowohl im Leichenschauhaus in der Hannoverschen Straße als auch im pathologischen Institut in Moabit durchgeführt. Der erste Leiter des Instituts war Waldemar Weimann (1893-1965). Weimann folgten Gerhard Rommeney (1907-1974) und Heinz Spengler (1917-2004).

Das Gebäude in Moabit wurde 1943 bei einem Bombenangriff zerstört.

Gerichtsärztliche Versorgung in Berlin 1949 bis 1990

Nach der Teilung Berlins diente zunächst das pathologische Institut des städtischen Krankenhauses in Moabit den Westberliner Behörden als Leichenschauhaus bis 1965 in der Invalidenstraße 59 ein neues Leichenschauhaus gebaut wurde, in dem bis zum Jahr 2006 die Ärzte des Landesinstitutes für gerichtliche und soziale Medizin Obduktionen durchführten.

Die Teilung der Stadt wirkte sich auch auf den universitären Teil der Rechtsmedizin aus. 1949 verließ Müller-Heß das Institut in der Hannoverschen Straße und wurde noch im selben Jahr Lehrstuhlinhaber für Gerichtliche und Soziale Medizin an der neu gegründeten Freien Universität Berlin. Das neu entstandene Universitätsinstitut wurde bald in einer Dahlemer Großvilla in der Hittorfstraße 18 untergebracht. Auf Müller-Heß folgte Walter Krauland (1912–1988), der den Lehrstuhl bis 1983 innehatte.

Am Ostberliner Institut folgte ein mehrjähriges Interregnum bis 1957 Otto Prokop (1921-2009) den Lehrstuhl für Gerichtliche Medizin und das Direktorat des Institutes in der Hannoverschen Straße übernahm. Prokop führte das Institut erneut zu großer nationaler und internationaler Anerkennung.

1982 übernahm Volkmar Schneider (geb. 1940) die Leitung des Landesinstitutes für Gerichtliche und Soziale Medizin und im Jahr darauf auch den Lehrstuhl für Gerichtliche Medizin an der Freien Universität. Damit wurde die Gerichtliche Medizin in Westberlin in Personalunion geleitet.

1987 folgte Gunther Geserick (geb. 1938) seinem akademischen Lehrer Prokop auf den Ostberliner Lehrstuhl.

Neben dem Landesinstitut bestanden auch nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten über viele Jahre zwei Universitätsinstitute für Rechtsmedizin in Berlin.

Fusion der universitären Rechtsmedizin in Berlin 2003 und Standortwechsel

Im Mai 2003 wurde eine Gliedkörperschaft der medizinischen Fakultäten der Humboldt-Universität zu Berlin und der Freien Universität Berlin unter dem Namen "Charité – Universitätsmedizin Berlin" gebildet. Es kam zur Fusion der medizinischen Fakultäten der FU/HU zur Universitätsmedizin Berlin und zur Fusion der beiden Universitätsinstitute für Rechtsmedizin.

Nach der Emeritierung Gesericks übernahm am 1. Oktober 2003 Schneider die Leitung des fusionierten Universitätsinstitutes für Rechtsmedizin mit den beiden Standorten Campus Mitte und Campus Benjamin Franklin.

Im Jahr 2004 fiel die Entscheidung des Fakultätsrates der Charité – Universitätsmedizin Berlin für eine Einstandortlösung der Universitätsinstitute für Rechtsmedizin am Campus Benjamin Franklin. Zum 1. Oktober 2004 wurde die Abteilung für Forensische Pathologie aus Mitte nach Dahlem Verlegt. 2005 folgte die Abteilung für Forensische Toxikologie, während die Abteilung für Forensische Genetik in Ermangelung geeigneter Laborräume am Standort Mitte verblieb.

Im Zuge der Baumaßnahmen für den Berliner Hauptbahnhof musste das Berliner Leichenschauhaus in der Invalidenstraße seinen Standort aufgeben. 2006 wurden neue Räumlichkeiten für die Gerichtsärzte und das umgebaute ehemalige pathologische Institut auf dem Gelände des ehemaligen Krankenhauses Moabit bezogen.

2007 Neuorganisation an neuem (altem) Standort

Zum 1. Januar 2007 wurde Michael Tsokos (geb. 1967) aus Hamburg auf den Lehrstuhl für Rechtsmedizin an der Charité berufen. Zugleich übernahm er auch in Personalunion die Leitung des Landesinstitutes für Gerichtliche und Soziale Medizin. Unter seiner Leitung erfolgte der rasche Umzug der Kernbereiche des Charité-Institutes in Räume  auf dem ehemaligen Krankenhausgelände in der Turmstraße 21 in Moabit. Die Gebäude in Dahlem gingen in die Nutzung des Dekanats der Freien Universität Berlin über.  Zum Ende des Jahres 2010 wurden Umbaumaßnahmen zur Errichtung eigener Sektions-, Labor-, und Unterrichtsräume in einem Gebäude in der Turmstraße abgeschlossen. Solange nutzten die Rechtsmediziner der Charité die Sektionsräume des Landesinstitutes.

Damit bestehen heute mit dem Institut für Rechtsmedizin der Charité und dem Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin zwei rechtsmedizinische Einrichtungen, die durch historische Entwicklungen der vergangenen Jahrhunderte entstanden sind und sich durch ihre spezifischen Aufgabengebiete und ihre Trägerschaft unterscheiden.

Es werden die Ordinarien bis 1926 gezeigt.
Ordinarien bis 1926: Wilhelm Wagner, Johann Ludwig Casper, Carl Limann, Carl Skrzeczka, Fritz Strassmann

Literatur

Weiterführende Informationen zur Geschichte des Instituts für Rechtsmedizin der Charité finden Sie hier:

Das Universitätsinstitut für Rechtsmedizin der Charité 1833-2008

Am 11.2.1833 erteilte der preußische Kultusminister die Genehmigung zur "Einrichtung der praktischen Unterrichtsanstalt für die Staatsarzneikunde" an der Universität Berlin - das älteste deutsche Institut für Rechtsmedizin wurde gegründet. Anlässlich des 175-jährigen Jubiläums liegt diese erweiterte Neuauflage der zuletzt 2003 erschienenen Schrift zur Institutsgeschichte vor.

Inhalt:
Vorworte
Das Universitätsinstitut für Rechtsmedizin der Charité 1833-2008
Chronologie besonderer Todesfälle
Archivalien und Literatur

Jahr: 2008
Aufl: 3. Aufl.
Seiten: 164
Farbe: s/w
Format: DIN A5
Einband: gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-7950-7053-3
Autoren: Ingo Wirth, Gunther Geserick, Klaus Vendura